Neue Heimat Insel 4 (Arbeit in der Wintersaison)   – Gemüseanbau, Olivenernte

Die hiesige Gegend ist die „Gemüsekammer“ Griechenlands. Ganze Landstriche sind von Gewächshäusern bedeckt, in unterschiedlichster Größe, Qualität und Technik. Saisonale Arbeit ist stark verbreitet, im Sommer im Tourismus oder Gewächshaus und im Winter ins Gewächshaus oder zur Olivenernte.

Als Gemüsebauer beginnt man die Wintersaison zwischen September und Ende Oktober mit dem Setzen der jungen Pflanzen. Die Gewächshäuser bestehen hier aus einem Stahlgerüst, das mit dicker, halbtransparenter Plastikfolie bespannt wird. Aufgrund von Erdbeben und starken Winden sieht man hier extrem selten Gewächshäuser aus Glas. Alte Treibhäuser sind noch aus Holz, deren Belüftung auch nur über seitliche Fenster stattfindet. Auf dem Boden werden Leitungen verlegt, die mit Tropflöchern versehen sind und für kontrollierte Bewässerung sorgen. Das Wasser beziehen wir selbst hauptsächlich aus der eigenen Quelle, solange sie genug gespeist wird, ansonsten beziehen wir Nutzwasser der Gemeinde. Das steht allerdings nur bis Mai/ Juni zur Verfügung, wodurch in einigen Gebieten aufgrund Wasser-Mangels im Sommer nicht angebaut werden kann. Wir hatten „nur“ rund 3500 qm zu bepflanzen, das heißt je nach Gemüseart zwischen 3000 und 4000 Pflanzen. Nachdem in bestimmtem Abstand kleine Pflanzlöcher gebohrt werden, setzt man eine nach der anderen Pflanze ein. Beim Angiessen werden die Leitungen nochmal überprüft und eventuell verstopfte Löcher geöffnet, oder bei Schaden entsprechend repariert. Keine schwere Arbeit, aber mein Rücken hat sich beschwert! Hunderte Male hoch und runter, hoch und runter…Bis die Pflänzchen etwas gewachsen sind, beschränkt sich die Arbeit auf Giessen, Dünger geben und Unkraut jäten. Wieder permanent in gebückter Haltung! Aber dann geht’s los. Hochbinden, überflüssige Triebe entfernen, unkrautfrei halten, Blätter entfernen, … Ist man einmal durch, so beginnt man wieder von vorne. Hunderte Male die gleichen Bewegungen! Dazwischen muss mal wegen Krankheit oder Insektenbefall gespritzt werden, regelmässig gedüngt und zur Stärkung der Pflanzen wieder gespritzt werden und bei allem hofft man auf optimales Wetter!

Stürme auf der Insel Kreta

Sturmböen aus dem Norden mit 9 beaufort oder mehr lassen einen hoffen, daß alles heil bleibt und ständige Kontrollen sind notwendig. Plötzliche Kälte lässt die Pflanzen “ erstarren“ , können sich nicht richtig entwickeln und sie werden steif, was sie zerbrechlich werden lassen. Warmes, sonniges, Wetter und Windstille lässt die Pflanzen zu schnell wachsen, sodass sie zu wenig Fruchtansätze haben und wenn dann auch noch der Wind aus Süden kommt, dann verbreiten sich durch die Wärme und Feuchtigkeit  flugs Schimmel und Krankheitserreger. Starke Brandung verteilt die Gischt bis weit ins Landesinnere und die Luft ist durchtränkt von salzigem Dunst. Bei diesen Bedingungen im Treibhaus zu arbeiten, das nahe am Meer liegt, ist nur bedingt angenehm und wenn man es nicht gewohnt ist, auch anstrengend. Heiss und feucht und „stickige“ Luft, die einem das Atmen schwer macht.

Doch des einen Leid, ist des anderen Freud! In diesem Jahr genoss ich es, mit T-Shirt rumzulaufen, vielleicht ein kurzes Bad im Meer zu nehmen und die „winterliche“ Atmosphäre in mich aufzunehmen. Der im Sommer wolkenlose, fast langweilig blassblaue Himmel zeigt sich in sattem blau, ab und an durchzogen von Wolken, die sich aber über dem Meer sehr schnell wieder auflösen. Nur wenn der Wind aus einer bestimmten Richtung (hier Süd-West) kommt und Wolken mitbringt, besteht die Möglichkeit, daß es regnet. Wie oft habe ich mich eilends auf den Rückweg gemacht, als sich fette dunkle Wolken bildeten und was war… NIX! Aufgelöst in Nichts oder weitergezogen und wenige Kilometer entfernt dann abgeregnet. Aber mir war das Recht! Ich hatte keine Sehnsucht nach Regen, trotz der ausgedorrten, braunen Landschaft, die sich mir bot. Die Einheimischen dagegen wünschten sich den Regen herbei, denn seit April hatte es keinen Tropfen geregnet und sowohl die Natur, alsauch die Wasserquellen hatten Regen dringend nötig.

Hund - Insel - Kreta

Wintersaison auf der Insel Kreta

Nun hatte die Wintersaison begonnen und die Ortschaften wirkten wie ausgestorben. Die „Sommerarbeiter“ gönnten sich eine Ruhepause, Hotels, Pensionen und die meisten Restaurants wurden geschlossen. Abends sah man nur vereinzelt Leute auf der Straße und sogar die Straßenlaternen blieben in einigen Bereichen dunkel.

Nach den Gewächshäusern beginnt etwa im November auch die Ernte der Oliven. Fast jede Familie besitzt Olivenbäume, wobei zu meiner Ankunftszeit die wenigsten selber ernteten, sondern Erntehelfer anstellten. Sobald die ersten Bäume soweit sind, heißt es dann ranklotzen, damit man zum besten Zeitpunkt die Ernte einholt. Wenn man in unterschiedlichem Gelände Oliven hat, reifen sie auch anders und man hat „mehr Zeit“.

Wir haben Bäume der Rasse „Koroneiki“, die sehr kleine, aromatische und sehr ölhaltige Oliven produzieren.

Kreta Landschaft - Berge - Tal - Blick

Sie wachsen sowohl in unmittelbarer Strandnähe, alsauch in Hang- und Berglage.  Allerdings sind sie nicht geeignet zur automatischen Ernte (zb Stammrüttler), da sie zu fest am Baum hängen.

Grosse Netze (8-10m lang und bis 10m breit) werden überlappend um die Bäume drapiert und die Oliven mit einem elektrischen „Rechen“ heruntergeschlagen, der den Strom von einem Generator geliefert bekommt. Die gefallenen Oliven, Blätter und Aststücke werden dann aufgesammelt, in einen Rüttler gegeben und voneinander getrennt. Die nun leeren Netze werden um die nächsten Bäume drapiert und weiter geht’s . Die Oliven kommen in Säcke und werden abends oder schnellstmöglich zur Olivenmühle gebracht. Dort werden sie mit Namen, Anzahl und Datum versehen, um sicherzustellen daß man auch das Öl seiner eigenen Oliven erhält.. Wenn man will, kann man auch bei der Pressung dabei sein. Mit dem Öl erhält man dann einen Beleg, der die wichtigsten Informationen enthält : das  Gewicht der angelieferten Oliven (zb 870kg), das Ertragsverhältnis (zb: 5,5 : 1 , meint 5,5 kg Oliven ergeben 1 Liter Öl), die Presstemperatur (zb 19grad), den Säuregehalt des Öls (zb 0,4% – bis 1 ist es “ natives Olivenöl extra“ ), den der Ölmühle zustehenden Anteil, etc… Nun kann man das Öl mitnehmen oder in der Mühle belassen und verkaufen. Dieser Vorgang wiederholt sich, bis alle Grundstücke mit Oliven geerntet sind. Um in etwa eine Vorstellung des Aufwands zu bekommen: bei mittelgrossen Bäumen, gut gepflegt und getrimmt, die relativ gut tragen und auf ebenem Gelände stehen, kann ich alleine etwa 4-6 Säcke pro Tag ernten. Mit Auslegen der Netze, runterschlagen, einsammeln,… jeder Sack wiegt 30-50 Kilo. Bin ich auf einem Berghang mit Terrassenanbau,  dauert das wiederholte Auslegen und Einsammeln viel länger und somit ist der Schnitt deutlich geringer. Wenn man bedenkt, daß der bezahlte Preis zu dieser Zeit pro Liter bei 1,9 – 2,5€ lag (bei 0,1 – 0,3% Säuregehalt – heute bis 5€!) , war es nicht sehr lukrativ, wenn nicht sogar ein Minusgeschäft, da während des Jahres ja einige weitere Unkosten und Arbeit hineinzustecken sind. Erntehelfer wurden mit 30-40€ bezahlt, am Tag wohlgemerkt!

Flora - Natur der Insel Kreta

Olivenernte auf der Insel Kreta

Während meiner ersten Olivenernte war ich unendlich froh, wenn das Wetter eine Ernte unmöglich machte (Sturm, Regen) und ich einen Tag entspannen konnte! Da gleichzeitig auch die Ernte im Treibhaus bevorstand und dort auch einige Zeit investiert werden mußte, hatten wir ein bis zwei Helfer, die je nach Bedarf eingesetzt wurden. Obwohl ich durch die Arbeit in der Taverne an die sieben Tage Woche gewöhnt war, schlauchte mich die Arbeit doch ziemlich. Die Oliven waren dann aber im Januar geerntet, die Arbeit im Gewächshaus nahm dagegen kein Ende. Dazu kam, daß ich die Arbeit nicht mochte. Jeder, der gern gärtnert oder Naturaffin ist weiß, daß es ein schönes Gefühl ist, eine Pflanze wachsen und gedeihen zu lassen und zum Schluss ein essbares Produkt in Händen zu halten! Es ist toll, Kisten mit wie gemalten Tomaten zu packen. Aber die Arbeit an sich, das Drumherum, das war und ist nicht so mein Ding.

Aber ich hatte noch ein bisschen Zeit vor mir, bis die Touristensaison wieder anfing …

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